Die Bundesregierung hat ein so genanntes ‚Klimapaket‘ beschlossen. Unter anderem soll die Dämmung von Häusern weiter gefördert werden, um Energie einzusparen. Doch längst ist bekannt: Die ökologischen Hoffnungen werden enttäuscht, an hunderttausenden gedämmter Fassaden lauern Gefahren.
Nach den Umbauarbeiten am Mehrfamilienhaus war auch der bisherige Garten neben dem Gebäude weg. Wo früher Gestelle zum Aufhängen von Wäsche standen und gelegentlich Kinder Ball spielten, ragen jetzt mit Reflektorband umwickelte Stangen als Abstandshalter aus dem Boden. Büsche, die den Blick von der Straße in den Innenhof versperrten, verschwanden ebenso wie die Parkplätze davor. Stattdessen markieren zwei Schilder die neue Funktion der frisch begrünten Fläche. Die Aufschrift lautet: Feuerwehrzufahrt.
Ein Eingeständnis der neuen Bedrohung?
Die neue Dämmung des Klinkerbaus aus den 1950er Jahren dürfte der eigentliche Grund für die Vorsichtsmaßnahme sein. Denn die zweite Außenhaut des Hauses besteht nunmehr aus dicken Isolierplatten des Materials Polystyrol, besser bekannt als Styropor. Eine dünne Schicht Putz und Klinkertapete bildet die Bekleidung. Inzwischen ist längst bekannt: Die in den letzten Jahren massenhaft verbaute Mauer-Verpackung ist brennbar. Manche sagen gar: ein Brandbeschleuniger.
Hunderttausende Hausbesitzer in ganz Deutschland Mehrere ließen ihre Gebäude in den letzen zwanzig Jahren mit künstlichen Wänden aus Polystyrol einhüllen. Die Verheißungen zur Energieeinsparung und angeblichem Klimaschutz wurden zu einem boomenden Geschäft für Maler- und andere Handwerksbetriebe. Die schwarz-rote Bundesregierung förderte Ende 2008 im Rahmen eines Konjunkturpakets die so genannte „Gebäudesanierung“ mit einem Milliardenbetrag. Erst dieser Tage legte die derzeitige Bundesregierung nach und verkündete im Rahmen eines „Klimapakets“ Steuererleichterungen für Hausbesitzer, die ihre Gebäude dämmen lassen.
Steuererleichterungen im Tausch gegen Brandgefahr
Warum Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks die Feuergefahr und andere Risiken des meistverbauten Dämmstoffs – nämlich Polystyrol – weiterhin ignorieren, bleibt ihr Geheimnis. Dabei sind viele Fälle von gefährlichen Bränden an gedämmten Fassaden dokumentiert. Einige Beispiele:
* Berlin 2005 – Ein Zimmerbrand wird binnen 20 Minuten zum Vollbrand der Fassade. Das Feuer erfasst darüber liegende Geschosse. Die traurige Bilanz: Zwei Tote, drei Verletzte, 87 Bewohner müssen über Leitern etc. gerettet werden.
* Delmenhorst 2011 – Jugendliche entzünden eine Mülltonne. Wenige Minuten später schlagen Flammen aus den Wänden von fünf Mehrfamilienhäusern. Ca. 100 Menschen verlieren ihr Obdach.
* Frankfurt 2012 – Bei einem neu gedämmten Bürohaus brennt binnen fünf Minuten die gesamte Fassade. So genannte „Brandschutzriegel“ erweisen sich als wirkungslos.
* Hamburg 2013 – Ein gedämmter Lichtschacht eines Mehrfamilienhauses fängt Feuer. Das Treppenhaus ist schnell voller Rauch, nur mit Glück können Bewohner gerettet werden. Die Feuerwehr gibt an: Ohne die zufällige Baulücke neben dem Haus und Möglichkeit des Leiterwageneinsatzes hätte es Tote gegeben.
Polystyrol-Dämmung: auch aus anderen Gründen Unfug
Doch es ist nicht nur die Feuergefährlichkeit. Der Häuser-Verpackungsstoff Polystyrol (PS) ist künstlich, verbraucht in der Herstellung viel Energie, leistet dem Verschimmeln von Hauswänden und der allergenen Sporenbelastung von Innenräumen Vorschub und muss nach einigen Jahren Gebrauch als Sondermüll entsorgt werden. Da viele vor Jahren aufgetragene PS-Dämmungen heute teils massiven Moos- und Grünbefall aufweisen und ganze Wohnblöcke weggammeln, werden neue Dämmungen nun mit Anstrichen aus Pestiziden versehen, die in der EU-Landwirtschaft verboten sind. Wind und Wetter bringen dieses Gift in unsere Böden sowie Gewässer.
Für diesen Unfug müssen Mieter dank politischer Fehlentscheidungen zur Förderung des Dämmwahns auch noch immense Mietsteigerungen bezahlen. Die Energieeinsparungen fallen oft längst nicht so hoch aus wie erhofft: Denn die meiste Wärme verlässt die Häuser nicht über die Wände, sondern immer noch über Fenster, Dächer und veraltete Heizungsanlagen.
Es waren Isolierverkleidungen aus Styropor, die 1996 in einem Terminal des Düsseldorfer Flughafens in Brand gerieten: 17 Menschen erstickten, 88 erlitten gefährliche Rauchvergiftungen. In mehreren US-Bundesstaaten sind Polystyrol-Dämmungen verboten. Aber bei uns gibt es eine starke Lobby, die viel Geld damit macht, dass dieses unökologische und brandgefährliche Material weiterhin massenhaft verbaut werden darf. Muss es erst zu einer spektakulären Brandkatastrophe mit Dutzenden Toten kommen, bis Poltik und Industrie aufwachen?
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Linktipps:
° Sendung „Koennes kämpft – Fassadendämmung: Das Märchen vom Energiesparen“, Sendung vom 17.11.2014 (WDR Mediathek)
° NDR.de: Wärmedämmung – Der Wahnsinn geht weiter, 26.11.2012. (Mit Links zur 45minütigen TV-Dokumentation und anderen Infos)
° Wärmedämmung: Ein kostspieliges Dilemma, das auch noch krank macht. nachhaltigleben.de über Schimmel und anderen Gefahren für die Gesundheit in gedämmten Häusern
° Über das in sehr vielen PS-Fassaden verbaute und bald verbotene, giftige Flammschutzmittel HBCD – Baufüsick Blog, 6.8.2013
° Haussanierung: Die große Lüge von der Wärmedämmung. Welt, 29.03.13
° Das NDR-Medienmagazin ZAPP über die Behinderung der Berichterstattung durch die Dämmlobby, 6.8.2014 [Link funktioniert leider nicht mehr]
° Über die komplizierte Notlösung Belüftungssysteme für Dämmfassaden. Baufüsick Blog, 4.12.2014
° Das Portal energieheld.de zeigt Möglichkeiten auf, wie Dämmung gegebenenfalls funktionieren kann, wenn andere Materialien verwendet werden und ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Haussanierung angewandt wird. Wichtig zu wissen: Es steckt ein Interessenverbund dahinter.
Unterseite „Übersicht Dämmstoffe“
Unterseite „Baustoffklasse – Entflammbarkeit von Baustoffen“
° Ein Klassiker unter den Kritikern: Seite des Architekten und Bausachverständigen Konrad Fischer (sehr spannende Inhalte bei leider abschreckendem Webdesign)
© Michael den Hoet
Selten habe ich einen so einseitigen und schlechten Bericht gelesen
Der Brand in Frankfurt war das einzige Styropor gedämmte Objekt, welches jedoch noch gar nicht fertiggestellt war. Armierung und Putz fehlten! Diese schützen die Fassade jedoch zusätzlich. Algen oder Pilz mit Sicherheit aber kein Schimmel findet man auf Fassaden wegen der thermischen Entkopplung. Schauen sie doch beim nächsten Spaziergang mal mit offenen Augen unsere schöne Natur an, sie werden feststellen Steine, Bäume, Brücken, Sitzbänke über all ist die schöne Natur im Einklang mit Microrganismen!! Bei ihrem Bericht fehlt nur der geringste wissenschaftliche Ansatz welcher heute dem Stand der Technik entspricht. Sorry
Danke für Ihren Kommentar. Über die Aussage, dass lediglich das in Frankfurt gedämmte, durch Feuer stark beschädigte Objekt eine Styropordämmung aufgewiesen haben soll, wundere ich mich. Denn tatsächlich ist auch in den anderen drei aufgeführten Fällen dokumentiert, dass es Fassadendämmungen aus Poystyrol waren, die in Brand gerieten. Schauen Sie bitte in die verlnkten Artikel – dort steht es. (Um es einfacher zu machen habe ich einen weiteren Link bei Berlin 2005 und Delmenhorst 2011 ergänzt.) Weiterer Tipp: Gehen Sie mal auf die Seite „Wärmeverbundsysteme“ der Frankfurter Feuerwehr und klicken sie dort auf den Link Ergebnisliste Brandereignisse in Verbindung mit Wärmedämmverbundsystemen. Dort sind auf 19 Seiten Fälle der letzten Jahre aufgeführt, die der Frankfurter Feuerwehr bekannt geworden sind.
Ich habe vor zweieinhalb Jahren im Zentrum von Hamburg-Altona es mit eigenen Augen gesehen, wie sich – unterhalb der Putzschicht – ein Feuer an einer frisch PS-gedämmten Hochhausfassade in beachtlichem Tempo nach oben fraß. Die Sache ging insgesamt noch glimpflich aus, weil die Feuerwehr nur 50 Meter entfernt und der Gebäudeabschnitt, in dem sich der Brand ereignete, zu der Zeit unbewohnt war. Putz und Armierung mögen, zum Beispiel bei einer brennenden Mülltonne, einen gewissen Schutz vor dem Übergreifen der Flammen auf die Fassade bieten. Ist das Feuer aber tatsächlich mal auf die Dämmung übergegangen, ist die Putzschicht eher ein deutliches Hindernis bei der Brandbekämpfung.
Bezüglich Schimmel: Es ist bekannt, dass es hier zwei Lager gibt – Dämmbefürworter und Kritiker. Aber auch die Dämmbegeisterten leugnen nicht, dass es ein Lüftungsproblem gibt, aus dem ein ernstes Feuchtigkeitsproblem werden kann. Eine Dämmung aus Styropor/Polystyrol kann selber nicht schimmeln. Aber sie verhindert, dass Wände „atmen“. Hat sich an Innenwänden und im Fensterbereich eines PS-gedämmten Hauses erst einmal die Feuchtigkeit festgesetzt und die Bausituation ist ungünstig: Dann hat man ein nachhaltiges Problem. Bereits 2002 warnte das „Deutsche Ärzteblatt“ vor der Zunahme von Schimmelpilzbefall durch gedämmte Häuser.
Dennoch: Dämmung kann – je nach Art und Beschaffenheit des Hauses – sinnvoll sein. Aber dann bitte, bitte nicht mit der billigen Pauschallösung Polystyrol auf Außenwänden. Mineralwolle, Perlit, das Einziehen einer zweiten Mauer oder Innendämmung mit Kalzium-Silikatplatten können sinnvolle Alternativen sein – nach qualifizierter, auf den jeweiligen Fall bezogener Beratung.
Die erste fachlich begründete Proteste gegen den Styropor habe ich in der Petition „Das Trauerspiel der EnEV “ http://clausmeier.tripod.com/enev5.htm und auf dem Internetsite http://clausmeier.tripod.com/ gefunden.
In den letzten Monaten wurden immer wieder Vorfälle mit Hausbränden bekannt, bei denen erhebliche Personen- oder hohe Sachschäden entstanden sind. Deswegen möchte ich Sie auf den Film in YouTube „Der Countdown: Styropor an der Fassade. Teil 1. Der Feuerring.“ https://www.youtube.com/watch?v=xNCtPFHnUDI aufmerksam machen.
Auf jeden Fall könnte diese Situation durch Anwendung der Dämmung mit Mineralwolle verbessert werden.
Hallo und vielen Dank für den Ihren Beitrag! Prima Blog.