Toprak und „Die Zeit“ verharmlosen Kindersex-Zwangsehen

Unter den Schutz Suchenden des letzten Jahres sind ca. 1500 verheiratete Minderjährige. Die Diskussion über den rechtlichen Umgang mit „Kinderehen“ treibt merkwürdige Blüten und stellt mitunter elementare Kinderrechte in Frage

UNFASSBAR! „Was für Kinderehen spricht“ „Eine pauschale Aberkennung von Kinderehen ist populär und unkompliziert für uns Mitteleuropäer. Aber der Schutz der betroffenen Frauen wird damit außer Kraft gesetzt.“ – Diese Einleitung lesen wir ausgerechnet in der „Zeit“: dem früheren Qualitäts-Wochenblatt in der Tradition von intellektuellen Koryphäen wie Marion Gräfin Dönhoff, Gerd Bucerius und Helmut Schmidt! Die Überschrift gehört zu einem Artikel von Ahmet Toprak.

Als Professor für Erziehungswissenschaften an der Fachhochschule Dortmund gehört es zu seinen Aufgaben, die interkulturelle Kompetenz von künftigen Pädagogen zu fördern. Das Thema Kinderheirat beleuchtet er in dem kulturellen Zusammenhang der meist muslimisch geprägten Herkunftsländer, wo die Ehen eingefädelt wurden: Die Mädchen – es geht hier nie um Jungs – besuchen die Schule maximal bis zum zwölften Lebensjahr. Die von den Eltern arrangierten Ehen sollen Familien miteinander verbinden und für „ökonomische Sicherheit“ der Kinderbraut sorgen. Andere würden sagen: sie in komplette wirtschaftliche Abhängigkeit bringen.

Einerseits schreibt Toprak, er habe Verständnis dafür, „dass diese Ehen in Deutschland nicht anerkannt werden dürfen, weil sie frauenfeindlich sind oder das Recht auf Selbstbestimmung verletzen. Vor allem sind Mädchen die Leittragenden, weil sie sexuell ausgebeutet werden. Diese Argumente sind richtig und wichtig.“
Merkwürdigerweise schlägt er aber genau diese Ansagen in den Wind, wenn er zum Schluss zu folgender Bewertung kommt:
„Die Ehe, die das Mädchen in ihrem eigenen Herkunftsland geschlossen hat, fand unter anderen sozialen und rechtlichen Bedingungen statt. Deshalb müssen diese Ehen im Einzelfall gründlich geprüft werden. Und das nicht, um den Frauen zu schaden, sondern um sie zu schützen.“ Nochmals: „um die Frauen zu schützen [!!]“ Bedeutet: Das soziale und sexuelle Gefängnis Minderjährigenehe, mit der fast kompletten Abhängigkeit junger Mädchen von einem de facto Eigentümer soll ein „Schutz“ sein?!?

Es gibt den § 180 StGB, der „Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger“ mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Sexuelle Nötigung Minderjähriger, Bigamie und Zwangsverheiratung sind strafbar – und das muss auch so bleiben. Der deutsche Staat hat eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen, denen Verwahrlosung droht. Viele großartige Menschen in Deutschland engagieren sich als Ersatzeltern oder in Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, um gefährdete Kinder aufzufangen und ihre Zukunftschancen zu fördern. Insofern ist die rechtliche Vorgabe eigentlich klar, an die sich Behörden und andere zu halten haben: Ehe auflösen, Kinder in staatliche Obhut, Ehemann anklagen und/oder ausweisen.

„Die Zeit“ tat sich einst sehr hervor bei der Berichterstattung um den Pädophilie-Skandal am Internat Odenwaldschule. Doch nun plötzlich redet sie der Missachtung von elementaren Kinderrechten und der Verharmlosung von Kindersex-Zwangsehen das Wort. Das passt nicht zusammen. Wie tief ist dieses Blatt binnen so kurzer Zeit gesunken!

Demonstration gegen Minderjährigenehen in Berlin. (Bild stammt von der Website www.heiraten-ist-kein-kinderspiel.de)

Demonstration gegen Minderjährigenehen in Berlin (von der Website http://www.heiraten-ist-kein-kinderspiel.de)

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