Volle Flüchtlingslager, gewaltsame Übergriffe, Schleuserkriminalität, eine hoffnungslos überlastete Verwaltung, Überforderung der Bevölkerung: Über all das berichten nun die Medien. Aber ein Thema fehlt: Der Verfassungsbruch, auf dem Merkels ganze Flüchtlingspoltik basieren dürfte. Kein Fall für kritische Journalisten?
Die Stimmung dreht sich: im Volk, bei den Flüchtlingen selbst, beim Bundespräsidenten, aber auch in den Medien – wo nun zunehmend kritische und differenzierte Artikel zur aktuellen Flüchtlingskrise erscheinen. Doch eine Person bewegt sich nicht: Angela Merkel.
In einem sehr lesenswerten Gastkommentar für die “Rheinische Post” vergleicht Christoph Schwennicke, Chefredakteur des “Cicero”, die Bundeskanzlerin mit ihrem Vorgänger Gerhard Schröder gegen Ende seiner Amtszeit:
“Sie würde alles genauso wieder tun. […] Was Merkel ins Mikrofon des Deutschlandfunks gesagt hat, erinnert an das, was Gerhard Schröder seinerzeit in der politischen Schlacht um die Agenda 2010 den Gewerkschaften entgegengeschleudert hat. Es ist ihr Basta. Die Flüchtlingskrise und ihre Politik der offenen Arme sind ihre Agenda 2010. Es ist eine Politik gegen weite Teile der Bevölkerung und weite Teile der eigenen Partei. Mit einem Unterschied freilich: Die Agenda 2010 war im Großen und Ganzen richtig. Merkels Politik der bedingungslos offenen Tür ist es nicht.” (Rheinische Post Online, 6.10.2015)

Flüchtlinge hoffen Anfang September in Ungarn auf ihre Weiterreise. Foto: Herbert P. Oczeret
Am Ende des Textes ermutigt der Autor die Leser, ihn ein Feedback zu geben. Das habe ich gerne getan. Ich wies ihn auf einen besonderen Umstand hin, mit dem sich Journalisten in Deutschland bisher kaum befassen mochten: die Verfassungsfrage in Sachen Asylrecht. Hier der Inhalt meiner Mail:
Sehr geehrter Herr Schwennicke,
danke für Ihren Kommentar. Eines erstaunt mich im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise und dem Kurs der Bundeskanzlerin: Dass bisher noch NIEMAND in Medien und Politik ernsthaft die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen Willkommenspolitik von Frau Merkel gestellt hat!
Tatsächlich gibt es – anders als zuletzt öffentlich argumentiert wurde – längst eine „Obergrenze“ für die Aufnahme von Flüchtlingen nach Deutschland, nämlich Artikel 16a, Absatz 2 des Grundgesetzes. Demnach ist die Bundesrepublik NICHT zuständig für Asylbewerber, die aus einem Staat eingereist sind, wo sie vorher in Sicherheit waren: die so genannte „Sichere Drittstaaten“-Regelung.
Auch internationale Abkommen stehen dem nicht entgegen. Absatz 5 von Art. 16a, der einen gewissen Spielraum für die Übernahme von Flüchtlingsquoten im Rahmen von Verträgen einräumt, greift hier nicht: Die “Dublin III”-Vereinbarung, derzufolge Flüchtlinge an Schengen-Außengrenzen registriert und auf andere EU-Länder verteilt werden sollten, funktionierte längst nicht mehr – kann also nicht als Ausrede herhalten. Abgesehen davon stellte war das „Willkommensdekret“ der Bundeskanzlerin vom 4. September einen klaren, weiteren Bruch von “Dublin III” dar.

Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio in der Sendung „Im Dialog“, Phoenix, 4.10.2015
Im jüngsten Sonntagmorgen-Interview auf „Phoenix“ äußerte der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Udo di Fabio denn auch: Eigentlich können nur „die allerwenigsten“ Flüchtlinge ein Recht auf Asyl geltend machen. „Wir erleben zurzeit keinen Ansturm von Asylberechtigten“, so di Fabio. [Video, ab ca. 3’30“]
Der Völkerrechtler Prof. Schachtschneider hält die derzeitige Flüchtlingspolitik für eindeutig verfassungswidrig. Auch wenn Schachtschneider nicht unumstritten ist und sich bei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe schon so manch blaues Auge geholt hat: Seine Argumentation ist nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen.
Angela Merkel hat ihren Amtseid auf das Wohl des deutschen Volkes sowie das Grundgesetz geleistet. Ein Verfassungsbruch in dieser Sache müsste eigentlich zwingend den sofortigen Rücktritt vom Amt der Bundeskanzlerin nach sich ziehen.
Normalerweise sollte in unserer Demokratie, wo sich Medien als „Vierte Säule“ des Staates verstehen, der mögliche Bruch des Grundgesetzes durch die Kanzlerin ein „gefundenes Fressen“ für kritische Journalisten sein. Die Dimension ihres mutmaßlichen Fehlverhaltens dürfte – angesichts der großen, ja: dramatischen Folgen ihrer Entscheidungen in der Flüchtlingspolitk – die Affäre Wullf weit in den Schatten stellen. Man beachte ihre Statements “…dann ist dies nicht mehr mein Land”, “was wir jetzt erleben, wird unser Land verändern”, “das Grundrecht auf Asyl kennt keine Obergrenze” und “Ich würde die Entscheidung wieder so treffen.”
Denken Sie nicht auch, dass dies dringend öffentlich thematisiert gehört?
Bleibt Merkel Kanzlerin, werden wir irgendwann eine faktische Obergrenze feststellen. Mit den ganzen importierten bunten Konflikten und den Auswirkungen auf die Sozialsysteme aufgrund des Ansturms der Ärzte und Chemielaboranten schaffen wir es früher oder später, uns den Herkunftsländern anzugleichen und so die Anreize für die Flüchtlinge zu reduzieren.