In Hamburg steht ein examinierter Pfleger wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht. Er wird für den Sturz einer 94jährigen Heimbewohnerin verantwortlich gemacht. Wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet, hatte der als Zeitarbeitskraft beschäftigte Mann eine Hartschaumstoff-Rolle – eine so genannte ‚Schwimmnudel‘ – aus den Betten von Pflegebedürftigen entfernt.
Der 31Jährige hatte sich damit über eine Anordung der Wohnbereichsleitung hinweg gesetzt: Er betrachtete dies als eine illegale Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Heimbewohnern. Eine Seniorin fiel aus dem Bett fiel und verletzte sich am Arm. Gegen einen Strafbefehl über 1200.-€ legte der Pfleger Widerspruch ein. Beim Prozess wurde der Streit zwischen ihm und seiner Vorgesetzten deutlich: Sie warf ihm anmaßendes Verhalten vor.
Am 25.11. erschien dazu im Hamburger Abendblatt – in leicht gekürzter Version – der folgende Leserbrief:
„Eins muss klar sein: Vorrichtungen in Altenheimen, die es pflegebedürftigen Heimbewohnern unmöglich machen nachts selbständig das Bett zu verlassen oder sich auch nur zu drehen, sind freiheitsberaubende Maßnahmen. Dazu gehören Fixierungen, Bettgitter – und unter Umständen auch eine ‚Schwimmnudel‘ unter dem Bettlaken. Sie müssen gegebenenfalls von einem Gericht genehmigt werden – sonst begeht die Heim- oder Wohnbereichsleitung, die so etwas einfach so anordnet, möglicherweise selber eine Straftat. Insofern hätte hier auch der Heimbetreiber vor Gericht stehen können. Das Risiko von Stürzen kann man auf andere Weise reduzieren: Pflegebett nachts ganz nach unten fahren, Schaumstoffmatte vor dem Bett, Hüftschutzhose etc. Dies alles ist in einer Broschüre „Verantwortungsvoller Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege“ dokumentiert, die vor Jahren vom Bayrischen Sozialministerium herausgegeben wurde – und die die Leitungen guter Pflegeheime auch kennen.
Über das Heim, mit dem sich der beschuldigte Pfleger anlegte, wurde vor zwei Jahren im Fernsehmagazin „Panorama“ kritisch berichtet. Wenn es meint, Personal- oder Finanzprobleme mit Zeitarbeitskräften lösen zu müssen, ist dies nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal.“
[Siehe auch „Bild“-Zeitung vom 14.10.2012]
© Michael den Hoet