[Aus: „Buddhismus Heute, Nr. 46/2009] © Michael den Hoet / Buddhismus Heute
ULAN BATOR – Mit dem Fall des Kommunismus im Jahre 1990 endete die jahrzehntelange Unterdrückung der alten buddhistischen Kultur. Nun sehen sich die Lamas in der Mongolei mit einer neuen Herausforderung konfrontiert: Der teilweise aggressiven Missionierung der Bevölkerung durch christliche Evangelisten. Ca. 60 000 der ca. 2,6 Millionen Mongolen sollen in den letzten Jahren zum Christentum übergetreten sein, melden christliche Quellen – Tendenz steigend. Mormonen, Sieben-Tage-Adventisten, Protestanten, Katholiken: Sie alle sind vertreten – meistens gefördert durch reiche Sponsoren und einflussreiche Organisationen aus dem Westen, vor allem aus den USA.
Es sind nicht die christlichen Aktivitäten als solche, die Argwohn erregen. Schließlich sieht die moderne Verfassung der Mongolei Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie die Trennung von Staat und Religion vor. Doch die Art und Weise, mit der die oft nicht registrierten evangelikalen Vereinigungen besonders bei der jungen Bevölkerung vorgehen, stößt auf Unbehagen. Khunhur Byambajev, Abt des großen Klosters Ganden in der Hauptstadt Ulan Bator beklagt, dass immer weniger Leute seine Stätte besuchen. „Die Missionare verfügen über Geld um Schulen zu bauen und auf die Erziehung der Jugendlichen einzuwirken. Sie verlocken sie auf vielfältige Weise“, sagt er angesichts großer Mengen an Essen, Kleidung und Stipendien, die in Missionseinrichtungen vergeben werden. Einige christliche Gruppen gingen sogar wo weit Kinder zu indoktrinieren und zu veranlassen, buddhistische Ritualgegenstände und Stupas zu zerstören. Der angesehene Lama Byambajev hat deswegen vorgeschlagen Buddhismus zur Staatsreligion zu erklären, die Klöster mit einer Minimalversorgung auszustatten und buddhistischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zu ermöglichen. Doch die Regierung winkte ab. „Mit ihrem Geld beeinflussen ausländische religiöse Organisationen die Entscheidungen von Politikern. Dadurch sind wir Buddhisten im Nachteil“, so Byambajev dazu.
In der Tat gibt es evangelikale Organisationen, die es angesichts abnehmender Gläubigkeit im Westen speziell auf traditionell buddhistische Völker in Asien abgesehen haben. Christliche Verlage geben Leitfäden heraus wie z. B. das mehrere hundert Seiten dicke Peoples of the Buddhist World eines gewissen Paul Hattaway. Darin werden über 300 ethnische Gruppen beschrieben werden sowie mögliche Tricks, mit denen sie für die christliche Religion gewonnen werden könnten. In einigen Gebieten sind die Missionare mit ihrer Strategie, die oft auf einer Kombination aus Wohltätigkeit und kultureller Überrumpelung beruht, durchaus erfolgreich. So sind inzwischen fast ein Drittel der Angehörigen des traditionell buddhistischen Tamang-Volkes in Nepal zum Christentum übergetreten.
Allen Carr, ein Westler, der mehrere Jahre in einem thailändischen Kloster zugebracht hat, schrieb eine scharfe Kritik zu Hattaways Buch, die mittlerweile im Internet eine weite Verbreitung fand. Darin nennt mehrere der Missionsvereine mit Namen und beschuldigt sie das Ableben des Buddhismus in Asien zu betreiben. Er tadelt aber auch althergebrachte Institutionen und Tempel in Asien, die viele ihrer Spenden für teure Zeremonien und die Mehrfachvergoldungen von Statuen und Stupas verwenden, während die buddhistische Erziehung und soziale Aktivitäten vernachlässigt würden. Reformen in der Sangha wären überfällig. In der Mongolei mangele es zum Beispiel an Buddhistischer Literatur, während christliche Bücher in der Landessprache in großer Zahl erhältlich sind.
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Viele Mongolen vermuten indes, dass die Evangelikalen mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung wieder an Einfluss verlieren werden. Unterdessen haben aber auch westliche Buddhisten angefangen sich in der Mongolei zu engagieren. Ueli Minder, die Schweizer Direktorin eines Zentrums der Federation for the Preservation of the Mahayana Tradition in Ulan Bator hält es für wichtig, dass sich der Buddhismus den modernen Zeiten anpasst: „Junge Mongolen wissen wenig über den Buddhismus, weil die Klöster nicht an Laien lehren. Es ist unser Ziel den Leuten zu helfen, dass sie die Wurzeln ihrer Kultur und ihrer Religion besser verstehen.“