[Aus: „Buddhismus Heute“, Nr. 45/2008] © Michael den Hoet / Buddhismus Heute
TOKIO – Eine kleine Glocke erklingt, die Gäste werden ruhig. Drei Männer in Zen-Roben stimmen eine Melodie an. Es sind Lieder im Shomyo-Stil, traditionelle buddhistische Gesänge, die es nur in Japan gibt. Doch die Szene spielt nicht in einem Tempel, sondern in einer Jazz-Bar in Tokio. Nach der zwanzigminütigen Vorführung, die gut ankommt, gesellen sich die drei Mönche an den Tresen, rauchen Zigaretten und reden mit den Leuten. Wenn die Leute nicht in den Tempel kommen, dann muss der Tempel dahin gehen wo die Leute sind, so der Gedanke der Ordinierten der neuen Generation, und kamen auf die Idee ihre spirituellen Darbietungen in das Nachtleben der unruhigen Hauptstadt zu verlegen. „Menschen denken, dass Buddhismus eine schwierige Sache sei. Aber er ist mehr als das – spannend und sogar spaßig. Diese Art Belehrungen möchte ich verbreiten“, sagt Hogen Natori, einer der drei buddhistischen Sänger.
Seit 1200 Jahren bereits gibt es den Buddhismus in Japan. 75 % der 127 Millionen Bewohner würden sich als Buddhisten bezeichnen. Doch das Leben im Land der Aufgehenden Sonne ist extrem geschäftig geworden. Die meisten Japaner besuchen kaum noch buddhistische Tempel – außer vielleicht bei Trauerzeremonien für verstorbene Verwandte. Eine Folge: Die Spenden für die insgesamt 75000 buddhistischen Andachtshäuser sind stark rückläufig. Altehrwürdige Universitäten streichen die Bezeichnung „Buddhistisch“ aus ihrem Namen. Um das verstaubte und leicht morbide Image des japanischen Buddhismus loszuwerden gehen Würdenträger neue Wege. Sie veranstalten Modenschauen, Konzerte, Tanzwettbewerbe in ihren Tempeln um insbesondere jungen Menschen den Zugang zu den alten Stätten und der Lehre zu erleichtern. Oft werden die Veranstaltungen mit einem Zehn-Minuten-Kurzvortrag über den Buddhismus beendet. Hinterher stehen die Mönche den Besuchern zum Smalltalk zur Verfügung.
Kansho Tagai, genannt „Mister Happiness“, kommt besonders bei Jugendlichen gut an. Der 47jährige Abt des Kyoochi-Tempels im Tokioter Stadtteil Shinjuku ist bereits ein Star – als buddhistischer Rap-Musiker. Wenn er auf Japanisch und Englisch etwa singt „Ich kam in diese Welt um dich aus dem Leiden rauszuziehn // mein Name ist Gotama Siddhartha // Hey, Baby, hör mir zu; ich will dich nicht mehr leiden sehn“ strahlen die Gesichter der meist jungen Gäste. „Als Vertreter des Buddha haben wir uns hinter Mauern verschränkt. Wir mussten zugänglicher werden und auf die Leute zugehen, so dass sie die Worte Buddhas verstehen können.“ Die Tempel, so Kansho Tagai, sollen natürliche Treffpunkte sein, wo sich die Menschen wohl fühlen. Die Kritik vonseiten der traditionellen Vertreter des japanischen Buddhismus lässt ihn kalt: „Rap ist das ideale Kommunikationsmittel, denn er hat einen sehr ähnlichen rhythmischen Klang wie die buddhistischen Sutras.“